Um die globale Gesundheit zu verbessern, müssen aktuelle und künftige Arzneimittel wirksamer und gleichzeitig erschwinglicher werden. Während die Gesundheitssysteme auf der ganzen Welt mit steigenden Kosten konfrontiert sind, stehen die Hersteller von Markenmedikamenten und Generika vor der Herausforderung, sich auf dem Markt zu differenzieren. Der fortschreitende technologische Wandel und die Digitalisierung der biopharmazeutischen Industrie bieten den Herstellern die Möglichkeit, modernste Hard- und Softwarelösungen zu implementieren und sich so von ihren Mitbewerbern zu unterscheiden.
Lucullus®, Securecells Prozessinformationsmanagement-System, ist ein Beispiel für eine solche innovative Softwarelösung, die eine herstellerunabhängige und übergreifende Überwachung und Steuerung von Bioprozessen ermöglicht. Lucullus® ist im Kern eine SCADA-Software (Supervisory Control and Data Acquisition), die in den letzten 25 Jahren gemeinsam mit langjährigen Biopharma-Kunden entwickelt wurde. Im Laufe der Zeit wurden die allgemeinen SCADA-Funktionen von Lucullus® um einzigartige Pre- und Post-Process-Funktionen erweitert, die die Anwender entlang des Upstream-Prozesses unterstützen.
Laut Michael Thiele, Leiter der Abteilungen MSAT-USP und DSP bei Teva in Baden-Württemberg, waren sowohl regulatorische als auch organisatorische Gründe ausschlaggebend für die Entscheidung der Abteilung, Lucullus® als Softwarelösung für ihre Laborumgebung zu implementieren: "Aus regulatorischer Sicht ist eine lückenlose Prozessdokumentation wichtig, die alle Ereignisse, Interaktionen und Alarme vor, während und nach einem Prozess umfasst. Diese strengen Anforderungen an die Datenintegrität können nur durch eine herstellerunabhängige und übergreifende Software zur Prozessüberwachung und -steuerung erfüllt werden. Aus organisatorischer Sicht werden die Arbeitsabläufe rund um Bioprozesse immer komplexer, da die Menge der erzeugten Daten rapide ansteigt, z.B. durch automatisierte Multi-Bioreaktorsysteme. Durch eine umfassende Digitalisierung und Integration aller Prozessschritte kann der Aufwand für die Wartung der Bioreaktoren und die abschließende Auswertung der Daten erheblich reduziert werden. In beiden Fällen führt dies zu effizienteren und schnelleren Arbeitsabläufen mit weniger Bedienereingriffen und spart damit langfristig Zeit und Geld."
Teva hat das volle Potenzial von Lucullus® ausgeschöpft und nahezu alle Aufgaben im vorgelagerten Prozessablauf automatisiert und digitalisiert.
Teva nutzt das Lucullus®-Planungstool, um künftige Bioprozesse einzurichten und Prozessdetails wie Reaktorauslastungspläne, Prozesskontrollvorgänge, Probenahme- und Analysepläne einschließlich des Drucks von Barcode-Etiketten für die Offline-Probenanalyse, die Auswahl von Medienrezepten und die Prozessgenealogie vorzudefinieren. Die Genealogie-Funktion ermöglicht die Verknüpfung von Vorgänger- und Nachfolge-Bioprozessen, um qualitätsrelevante Parameter über die gesamte Prozesskette hinweg zu verfolgen.
Teva setzt das Lucullus® Media Kitchen Tool für die Vorbereitung aller Medien- und Pufferchargen ein. Einzigartig an der Lucullus® Media Kitchen sind das digital unterstützte Rohmaterialmanagement und die elektronischen Protokolle für die Erstellung von Medienchargen, die die Herausforderungen der manuellen Prozessvorbereitung lösen. Medien und Pufferlösungen werden nach einem geführten Verfahren mittels Barcode-Scanning vorbereitet, das in Securecells Application Note #13, die speziell dem Media Kitchen Tool gewidmet ist, näher beschrieben wird. In der MSAT-USP-Abteilung von Teva wurden das Rohmaterial- und Medienmanagement und damit die gesamte Prozessvorbereitungsphase mit nur 5 verschiedenen Geräten digitalisiert (Abbildung 1).
Das Lucullus® Online-Tool ermöglicht Benutzerinteraktionen, bietet ereignisbasierte Benachrichtigungen und ermöglicht die Parallelisierung von Prozessen. Bei Teva sind derzeit 8 Reaktoren, 4 Analysegeräte und das automatische Probenahmesystem Numera® (neben den Geräten für die Medienküche) in Lucullus® integriert, um fortschrittliche Rückkopplungskontrollen zu ermöglichen (Abbildung 1). Über eine einzige Mensch-Maschine-Schnittstelle wird dieses umfangreiche Netzwerk von Geräten effektiv überwacht und gesteuert.
Im Graphic-Tool, der Lucullus® Datenspeicher- und Auswertungszentrale, werden die Prozessdaten aller historischen und aktuell laufenden Prozesse verwaltet. Das Grafiktool unterstützt effiziente Datenbanksuchen, umfangreiche Visualisierungen und automatisierte Auswertungen. Darüber hinaus wird über die REST-API-Schnittstelle ein Datenexport in viele Formate sowie ein One-Click-Batch-Reporting ermöglicht. Für Teva hat diese zentrale und automatisierte Datenspeicherung den manuellen Aufwand für die Datenpflege erheblich reduziert.
Während eines parallelen CHO-Fed-Batch-Prozesses in 8 Tischreaktoren wurden verschiedene Prozessparameter und Metabolitenwerte aufgezeichnet, z. B. pH, pCO2, pO2, Zelllebensfähigkeit, Zelldichte, Laktat und Glukose. Der pH-Wert, pCO2 und pO2 wurden in-line gemessen, während die Zelllebensfähigkeit, Zelldichte, Laktat und Glukose offline gemessen wurden.
Vor der Einführung von Lucullus® bei Teva wurden die oben genannten Offline-Prozessparameter und Metabolitenwerte durch manuelle Reaktorprobenahme und Probenaufbereitung bestimmt, gefolgt von der Beschriftung der Röhrchen mit einem Stift und der anschließenden Offline-Analyse am jeweiligen Analysegerät. Die Messwerte wurden dann auf Papier notiert oder direkt in Excel erfasst und manuell dem jeweiligen Prozess zugeordnet.
Mit Lucullus® wurde dieser stark manuell geprägte Arbeitsablauf und das damit verbundene Datenmanagement umgestellt. Die Reaktorentnahme und die Probenverarbeitung erfolgen nach wie vor manuell, die Proben werden jedoch in mit Barcodes versehenen Röhrchen gelagert. Mit Lucullus® können eindeutige Barcodes für jede Probe erstellt werden. Die Probenbarcodes werden dann am jeweiligen Offline-Analysator gescannt. Mit der von Lucullus® generierten eindeutigen Barcode-ID werden die Probenergebnisse nach der abgeschlossenen Analyse automatisch importiert und dem entsprechenden Prozess und Prozesszeitpunkt zugeordnet (Abbildung 2).
In Abbildung 3 sind die Werte der gemessenen Prozessparameter bzw. Metabolitenmengen über den 14-tägigen Fed-Batch-Prozess dargestellt. Diese Ergebnisse aus einem Bioreaktor zeigen beispielhaft den automatischen Datenimport und die Zuordnung von Analysendaten zum jeweiligen Prozess sowohl für Inline- als auch für Offline-Analysendaten. Die nahezu in Echtzeit und automatisch importierten Analysatorergebnisse können dann als Eingaben für erweiterte, vorprogrammierte Feedback-Prozesskontrollinteraktionen verwendet werden.
In Kombination mit dem automatisierten Probenentnahmesystem Numera® wurden die Arbeitsabläufe bei Teva (für eine Teilmenge der Reaktoren) weiter automatisiert, indem die Notwendigkeit der manuellen Probenentnahme aus dem Bioreaktor, der Probenverarbeitung und des Probentransfers vollständig eliminiert wurde (Abbildung 4). Numera® entnimmt eine Probe aus einem angeschlossenen Reaktor, verarbeitet sie und überträgt die Probe nahtlos an integrierte Analysegeräte zur Auswertung oder an eine Probenlagereinheit. Durch den Einsatz von Lucullus® und Numera® konnten bei Teva fast alle manuellen Eingriffe in den Bioprozess eliminiert werden.
Lucullus® verwandelte die hochgradig manuellen und arbeitsintensiven Upstream-Processing-Workflows bei Teva in digitale und automatisierte Abläufe. Alle Interaktionen mit dem Prozess und alle Änderungen an den Daten durch die Bediener können im Ereignisprotokoll oder Audit-Trail nachverfolgt werden. Benutzerfehler durch den Austausch von Proben oder mögliche Fehler bei der Datenübertragung werden erheblich reduziert, was die Datenflut verringert und die Prozesse effizienter und kostengünstiger macht. In Kombination mit dem automatisierten Probenahmesystem Numera® wurden auch die verbleibenden manuellen Aufgaben der Probenahme und -verarbeitung bei Teva eliminiert, was die Implementierung automatisierter und komplexer Kontrollmechanismen ermöglicht.
Im Jahr 2023 wird die hier vorgestellte Lucullus®-Installation in der MSAT-Anlage von Teva um neue Geräte in einer umfassenden Client-Server-Architektur erweitert. Das Erweiterungsprojekt wird die vollständige Digitalisierung aller Schritte im USP-Prozess ermöglichen, von der Medienproduktion über die Datenerfassung in den einzelnen Prozessstufen bis hin zum Produktionsprozess. Securecell und Teva freuen sich auf das Integrationsprojekt, das eine informationsgetriebene Zukunft in der Bioprozesstechnik für sicherere und kostengünstigere Biopharmazeutika unterstützt.